
Mächtige Frauen in Gestalt von Herrscherinnen und biblischen Protagonistinnen, aber auch höfischen Auftraggeberinnen, Stifterinnen, geistlichen Autorinnen sowie Illuminatorinnen waren – und zwar als reale, historisch nachvollziehbare Persönlichkeiten und nicht nur als Ideale oder Personifikationen im Bild – bereits im Früh- und Hochmittelalter in nahezu allen politischen, theologischen wie auch kulturellen Sphären präsent. Dies wurde bereits von den feministisch orientierten Geschichts-, Kunst- und Kulturwissenschaften oder von der Bibelwissenschaft der vergangenen fünf Jahrzehnte und insbesondere in den letzten Jahren mit mittlerweile vielzähligen konkreten Namen und Biografien herausgearbeitet.
Die Vorlesung beabsichtigt einerseits ein breites Spektrum an prominenten, einflussreichen Frauen aus der Zeit zwischen dem 9.–15. Jahrhundert zu vermitteln sowie andererseits auf diejenigen zu verweisen, die als biblische Personen, Heilige oder Märtyrerinnen in dieser Zeit eine wichtige (Vorbild-)Rolle einnahmen. In exemplarischen Studien – sei es in Hinblick auf die Kaiserin Theophanu, Hildegard von Bingen und Herrad von Landsberg, die heilig gesprochenen Elisabeth von Thüringen und Katharina von Siena – werden die Frauen aus zwei, sich ergänzenden Perspektiven untersucht: Es interessieren nicht nur die schriftlichen, bildlichen und materiellen durchaus divergierenden Quellen, sondern vor allem Fragen nach: Wer hat die Quellen verfasst bzw. angefertigt, welche Vorstellungen sollten diese vermitteln und wie wurde (weibliche) Macht überhaupt inszeniert resp. nachträglich demontiert? Welches Selbstverständnis wurde in ihnen zum Ausdruck gebracht und inwiefern wurde das Geschlecht als eine Kategorie wahrgenommen? Und vor allem: Welche Konstruktionen gehen erst auf die (Kunst-)Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts zurück und sind kaum bzw. nur ansatzweise historisch nachzuvollziehen? Hierfür möchte die Vorlesung mit differenzierten Betrachtungsweisen sensibilisieren.