Der gut 50 Jahre andauernde Kalte Krieg war nicht nur ein geopolitischer Konflikt zwischen den Supermächten USA und Sowjetunion, sondern ein globales Ereignis, das mit zahlreichen militärischen Auseinandersetzungen in der Dritten Welt einherging. Wie die jüngere historische Forschung darüber hinaus betont, spielte Kultur eine zentrale Rolle im Wettstreit der ideologischen Systeme von West und Ost. Entgegen der Vorstellung einer vollkommenen Abschottung zwischen den westlichen Staaten und den Ländern des Ostblocks, wie sie die Metapher des „Eisernen Vorhangs“ suggeriert, fand ein reger kultureller Austausch statt, wie die diplomatischen Missionen von Musikerinnen und Musikern, Orchestern, Balletts und anderen künstlerischen Gruppen und Akteuren zeigen. Die Vorlesung entwirft eine politische Musikgeschichte des Kalten Kriegs, die aktuelle historische und musikwissenschaftliche Forschungsfelder vorstellt. Sie thematisiert dabei sowohl neue Musik bzw. die musikalische Nachkriegsavantgarde als auch Filmmusik, populäre Musik und Jazz. Gleichzeitig soll es um eine methodische Reflexion verschiedener (musik)historiographischer Ansätze gehen – von der marxistischen Musikgeschichtsschreibung über Richard Taruskins Oxford History of Western Music (2005), die den Kalten Krieg als zentrale Periode der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts behandelt, bis hin zur neueren transnationalen Geschichte, die über die Grenze von Nation und Nationalstaat hinausgehende Austauschprozesse und Verflechtungen untersucht, welche die globale Zirkulation von Kultur, Musik, Menschen und Ideen erhellen.