Innerhalb der frühen skandinavischen Literatur zählen die Isländersagas zu den bekanntesten und literarisch reizvollsten Werken. Im Vergleich zur kontinentalen Literatur des Mittelalters zeichnet sich diese Gattung durch ihren einzigartigen Prosastil ebenso wie durch ihre starken und eindrücklich geschilderten Protagonist*innen aus.
Als Isländersagas (Íslendingasögur) bezeichnet man ungefähr drei Dutzend längere Erzählungen in altwestnordischer Sprache. Sie erzählen isländische Geschichte(n) der sogenannten Sagazeit, die von der Besiedelung Islands (ca. 870 n. Chr.) bis etwa in das Jahr 1030 n. Chr. reicht. Erzählt werden die Erlebnisse der ersten Siedelnden und ihrer Nachfahren, oft sind Konflikte und Fehden bestimmend für die Handlung. Manche Sagas entfalten sich am Lebensweg ihres Protagnisten entlang, andere erzählen von den Ereignissen innerhalb einer bestimmten Region. Auch kann man Untergruppen anhand der Thematik einteilen, wie die ›Outlaw-Sagas‹ oder die ›Skaldensagas‹.
Ziel der Vorlesung ist es, anhand ausgewählter Beispiele einen Überblick über diese zentrale Gattung der altnordischen Literatur zu geben. Dabei werden wir uns sowohl mit kanonischen Werken wie der Brennu-Njáls saga (der ‚Saga vom Mordbrand an Njáll‘) und der Laxdœla saga (der ‚Saga von den Leuten aus dem Laxárdalr‘) beschäftigen, als auch die Ränder und Grenzgänger der Gattung kennenlernen, wie die Bárðar saga Snæfellsáss (die ‚Saga von Bárðr, dem Schutzgeist von Snæfellsnes‘). Durch ausgewählte Texte, Themen und Motive soll so die Erzähl- und Vorstellungswelt der Isländersagas skizziert werden.
Die Vorlesung richtet sich gleichermaßen an Studierende der Skandinavistik wie an SLK-Studierende. Es werden keine Kenntnisse des Altnordischen oder moderner skandinavischer Sprachen vorausgesetzt.