Die Beethovenschen Symphonien kennt man. Kennt man sie wirklich? Man kann sie jedenfalls nicht genug studieren, sind sie doch die Grundlage für die Symphonik des gesamten 19. Jahrhunderts von Berlioz bis Mahler (wenn nicht gar bis Schostakowitsch) ebenso wie für die musikwissenschaftliche Disziplin Analyse (seit E. T. A. Hoffmanns berühmter Rezension der 5. Symphonie). Und je näher man sich mit den vertrauten Werken beschäftigt, desto mehr wundert man sich über sie. Als Paradebeispiele für orthodoxe Formenlehre sind sie jedenfalls denkbar ungeeignet.
Das Seminar soll die Werke anhand von intensiver Analyse auch einzelner Sätze in ihrer jeweiligen Eigenart erfassen, paarige Komplementärverhältnisse von Werken wie auch Besonderheiten der Instrumentenbehandlung herausarbeiten, der spezifischen Logik musikalischen Denkens bei Beethoven in kritischer Auseinandersetzung mit der Literatur nachspüren, aber auch Entstehungsumstände und die zeitgenössische Rezeption der Werke beleuchten - vielelicht noch ergänzt durch einen finalen Seitenblick auf den ganz anderen Weg, den der späte Schubert mit seiner großen C-Dur-Symphonie D 944 beschritt.
Jeder sei ermuntert, sich vorab schon Taschenpartituren einzelner Werke (die man ein Leben lang brauchen kann) anzuschaffen, z.B. Studienpartituren der Reihe "Bärenreiter Urtext" (alternativ von Henle oder Breitkopf). In jedem Fall sollte man die Zeit vor dem Semesterbeginn nutzen, um die Werke sich einmal konzentriert mit Partitur anzuhören.