Die Dialektik des "Insider - Outsider" durchzieht auch die Musikgeschichte, seit mit der Renaissance die Forderung aufkommt, dass auch für die Musik eine Norm des "Klassischen" definiert werden müsse. Aus dieser Forderung hat sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in der europäischen Musik die Existenz eines Kanons an Stilen und Werken durchgesetzt, gegen den das 20. Jahrhundert - vor allem unter dem starken Einfluss der Entwicklung in den USA, die den "Maverick" zum kulturgeschichtlichen Typus erhob - rebellierte: Und so konnte der "Außenseiter" selber zu einer zentralen Figur werden, bis sich die Vorstellung einer Norm nach 1945 endgültig aufgelöst hat. Ausgehend von diesem theoretischen Konzept stellt die Vorlesung große (wie auch verkannte) Außenseiter der Musikgeschichte seit dem 17. Jahrhundert wie Gesualdo, Reicha oder Alkan vor; die Rolle weiblicher Komponisten und Musiker soll dabei nicht vergessen werden. Auch die Jubilare des Jahres 2024 - mit dem 150. Geburtstag von Charles Ives, dem 100. Todestag von Ferruccio Busoni und dem 50. Todestag von Harry Partch - werden besondere Berücksichtigung finden.