Die intime Gattung des Liedes und die konträre, sich an eine große Öffentlichkeit wendende Gattung der Symphonie sind bei Gustav Mahler auf eine eigentümliche und einzigartige Weise miteinander verschränkt. Das Lied war für ihn von Anfang an (ähnlich wie für Richard Strauss) die Grundlage seines Schaffens, wobei er die Gattung in verschiedene Richtungen weiterentwickelte, nicht nur zu einem neuartigen Liedtypus von ironisch gebrochener Naivität und Volkstümlichkeit. Die Symphonie hat Mahler auf eine neue, für die Komponisten des 20. Jahrhunderts enorm einflussreiche Weise poetisiert und monumentalisiert, mit dem Anspruch, jeweils "mit allen Mitteln der vorhandenen Technik eine Welt aufzubauen"; wobei jedes der 9 Werke (zu denen noch das Fragment der Zehnten kommt) eine ganz eigene Physiognomie hat. Zwischen den beiden Gattungen vermitteln das noch ganz neue Genre des Orchesterlieds und das Zwitterwerk "Lied von der Erde".
In unserem Seminar sollen neben dieser Verflechtung der Gattungen in intensiver analytischer Arbeit an den Partituren und Texten die Kompositionstechnik, der Ausdruck, der Gehalt und ggf. auch die spezifische Instrumentationskunst der einzelnen Werke erschlossen werden, in Referaten wie auch in intensiven Diskussionen. Behandelt werden drei der "Lieder eines fahrenden Gesellen" ("Ging heut morgen übers Feld", "Wenn mein Schatz Hochzeit macht" und "Die zwei blauen Augen"), einige der Wunderhorn-Lieder ("Wer hat dies Liedlein erdacht?!", "Rheinlegendchen", "Wo die schönen Trompeten blasen", "Revelge", "Des Antonius von Padua Fischpredigt" und "Das himmlische Leben"), teilweise auch in der Orchesterfassung, sowie die Rückert-Lieder "Liebst du um Schönheit", "Ich atmet' einen linden Duft" und "Ich bin der Welt abhanden gekommen". Bei den Symphonien liegt der Schwerpunkt auf den sog. "Wunderhorn-Symphonien" Nr. 1-4, und hier vor allem der Ersten (I. und III. Satz) und Vierten (alle 4 Sätze); hinzu kommen der III. Satz der 2. S