Nach traditioneller Auffassung soll Kunst Schönes schaffen.
Dennoch: Bereits für antike Denker lag der Reiz etwa der Tragödie im Nichtschönen, nämlich in der Empfindung von Furcht und Schrecken (Aristoteles). In der Aufklärung gewinnt das Nichtschöne einen gesonderten Stellenwert in Gestalt des „Erhabenen“ (Burke, Kant). Das Verhältnis zum Schönen verschiebt sich kontinuierlich. Hundert Jahre später wird die gefällige Form als dekadent verworfen; stattdessen wird orgiastische Selbstvernichtung gefeiert. Die Welt insgesamt, so Nietzsche, sei „nur als ästhetisches Phänomen zu rechtfertigen“.
Kunst als ekstatische Kosmogonie – eine verführerische Perspektive! Bei Heidegger wurde sie zur Trägerin des „Schicksals“; im Nationalsozialismus wird Politik zur ästhetischen Projektion.
Nach 1945 dominiert die Abkehr von derartigen Interpretationen. Speziell die Nichtfungibilität wird in Frage gestellt: Die ehemals gepriesene Authentizität der musealen Kunst verfällt ins Kultische; das einmalige Werk wird zur Ware (Walter Benjamin). Aufgeklärte Kunstkritik befasst sich mit Öffentlichkeit – und zwar mit einer radikal veränderten politischen Öffentlichkeit, die sich in der (bebauten) Umwelt und in den neuen Medien artikuliert. Nur in der technisch bewussten „Konstruktion“, so Adorno, befreie sich das ästhetische Werk vom alten Zauber des Organischen und der falschen Harmonie.