Seminar
In der Oper gibt es Bühnenmusik und Source Music im Film. Die Figuren der erzählten Welt hören also die Musik, welche auch der Rezipient wahrnimmt. Oper und Film haben aber in der Regel das Paradoxon gemeinsam, dass Musik zwar konstitutiv für beide Gattungen ist, in der erzählten Welt dieser Medien allerdings als solche gar nicht wahrgenommen wird. Paradox erscheint das, weil im realen Leben weder ein Orchester in der Dusche spielt, noch Sterbende sich singend verabschieden (umgekehrt ist es immerhin wahrscheinlicher…). Trotzdem „funktionieren“ Oper und Film ganz prächtig, und sie bieten weitere Gemeinsamkeiten: Textbücher (Libretto und Drehbuch), Setting der Aufführung (Opernhaus und „Lichtspieltheater“) oder gemeinsame Traditionen in Dramaturgie und Kompositionsgeschichte. Der Unterschied der Gattungen, der sich in Partitur und ihrer Aufführung einerseits, audiovisuellem Träger und seiner technischen Reproduktion andererseits zu manifestieren scheint, verliert also an scharfer Gegensätzlichkeit, je differenzierter man beide Gattungen betrachtet.
Das wollen wir uns im Seminar zunutze machen. Wir fragen nach der Rolle der Musik in Oper und Film, in welcher Weise sie also Medialität und Rezeption prägt. Welche Begrifflichkeiten und Methoden stehen uns für den analytischen Zugriff zur Verfügung? Der vergleichende Blick auf Spezifika und Gemeinsamkeiten wird uns helfen, beide Gattungen besser zu verstehen, im musikalisch-analytischen Zugriff wechselseitig zu erhellen und dabei auch über unser Verständnis von Musik viel zu lernen. Interpretatorisch besonders fruchtbar können dabei die Stücke/Filme erscheinen, die in einem autoreflexiven Bezug Musik, Oper und Film selbst zum Thema machen.
Diskutiert werden unter anderem:
„Die Zauberflöte“ (M: W. A. Mozart, T: E. Schikaneder, UA 1791) und „Trollflöjten“ (R: I. Bergman, S 1975),
„La muette de Portici“ (M: D. Auber, T: E. Scribe, UA 1828),
„Die Meistersinger von Nürnberg“ (M + T: R. Wagner, UA 1868),
„Salome“ (M: R. Strauss, T: Übs. O. Wilde, UA 1905),
„Sunset Boulevard“ (R: B. Wilder, M: F. Waxman, USA 1950),
„Singing in the Rain“ (R: S. Donen, G. Kelly, M: N. H. Brown, USA 1952),
„Rear Window“ (R: A. Hitchcock, M: F. Waxman, USA 1954),
„Amadeus“ (R: M. Forman, USA 1984),
„Mullholland Drive“ (R: D. Lynch, M: A. Badalamenti, USA, F 2001),
„The Artist“ (R: M. Hazanavicius, M: L. Bource, F, B, USA 2011).
Versand der Zugangsdaten nach Anfrage per Mail an Jan.Golch@lrz.uni-muenchen.de